2. Das Seismogramm als "Bericht einer Reise durchs Erdinnere"
Daraus wird verständlich, warum aus den Oberflächenwellen auch die Stärke des Bebens bestimmt wird, die häufig auch "Wert auf der Richter-Skala" genannt wird. Seismologen sprechen von der Magnitude des Bebens.
Die Magnituden-Skala ist eine logarithmische Skala, das heißt, ein Beben der Magnitude 6 ist zehnmal so stark wie eines der Stärke 5 und hundertmal so stark wie eines der Stärke 4. Der Original-Richter-Skalenwert eines Erdbebens kann jedoch nur von Stationen bestimmt werden, die maximal 600 km vom Erdbebenherd entfernt sind und einen ganz bestimmten Seismographen-Typ (Wood-Anderson) unter normierten Bedingungen für Verstärkung und Dämpfung verwenden. Für die wissenschaftliche Seismologie ist die Richter-Skala heute nicht mehr so wichtig wie früher. Heute benutzen die Medien diese Skala hauptsächlich zur Klassifizierung von Erdbeben.
Kommen wir nun zu den Raumwellen.
Abb.20a: Ausbreitung der Erdbebenwellen im Erdinneren: Raumwellen
(Auf das Bild klicken um eine große Version anzuzeigen.
Wie man in dieser Grafik erkennen kann, breiten sich die Raumwellen im Erdinnern nicht geradlinig, sondern krummlinig aus. Das kann man sich wie in der Optik erklären: der Brechungsindex nimmt mit zunehmender Tiefe ab, die Ausbreitungsgeschwindungkeit nimmt also zu. (Das liegt daran, dass die Elastizitätsmodule für Scherung und Kompression noch schneller mit der Tiefe wachsen als die Dichte.)
Raumwellen, die auf den äußeren, flüssigen Erdkern treffen, werden teilweise reflektiert, teilweise in den flüssigen Erdkern hineingebrochen, wo sie nun nur noch als Longitudinalwellen existieren.
Auch beim Austreten aus dem Erdkern werden die Raumwellen wieder gebrochen und konvertieren teilweise wieder zu Transversalwellen.
In der Graphik kann man auch deutlich erkennen, dass jedes Erdbeben eine sogenannte Schattenzone hat: die Erdbebenwellen können dorthin nur auf komplizierteren Wegen mit Mehrfachreflexionen gelangen, weswegen die dort liegenden Stationen das Beben kaum registrieren.
Auch bei den Raumwellen gibt es zwei verschiedene Wellentypen, von denen eine schneller als die andere ist:
Die schnellere Welle ist eine Longitudinalwelle. Wie sie sich ausbreitet, kann man an sehr schön an einem Modell aus gekoppelten Stangenpendeln (aufgehängte Besenstiele, mit Gummibändern gekoppelt) erkennen, wenn man zu Beginn ein Pendel in Fortpflanzungsrichtung auslenkt.
Aber auch eine lange, "weiche" Schraubenfeder kann dies veranschaulichen (Abb.18).
Da die schnellere Welle logischerweise als erste die Station erreicht, heißt die longitudinale Raumwelle auch Primärwelle, kurz: "P-Welle".
Die langsamere Welle heißt "Sekundärwelle"; sie breitet sich im Gegensatz zur P-Welle transversal aus. Auch diese Ausbreitungsart kann man mit dem Besenstielmodell veranschaulichen, wenn man die Auslenkung des ersten Pendels zu Beginn senkrecht zur Fortpflanzungsrichtung vornimmt. Analog geschieht die Auslenkung mit der Schraubenfeder, ( Abb.21 unten ).